Drei Bezeichnungen für einen Geschäftszweig des bekannten 419-Fraud.
Die meisten Menschen stellen diese Art des Geschäfts unter die 419er-Überschrift. Doch wie der Finanzminister Nigerias einmal sagte, dass die Opfer des 419-er Fraud „people driven by greed“ seien, sieht es beim Romance scam etwas anders aus: hier wird ausschließlich über die Schiene der unterschwelligen Beeinflussung der Gefühle von Liebe und Romantik gescammt, die die Opfer nicht nur finanziell ruiniert zurücklässt, sondern auch gefühlsmäßig. Es sind Menschen, die sich nach einem Scamming sehr schwer tun, wieder Vertrauen zu fassen: zu sich selbst, zu der Gesellschaft, in der sie leben und vor allem zu anderen Menschen.
Die Scammer besuchen eine Dating-Seite, die entweder ohne Kosten arbeitet, oder wenn Kosten anfallen, werden diese Kosten mit einer gefakten Kreditkarteinformation oder gestohlenen Kreditkarten bezahlt. Das ist der Grund, warum die meisten Scammer diese Seiten am Wochenende heimsuchen, weil an den Wochenenden die Buchhaltung der Dating-Seiten nicht besetzt ist. Sie erstellen ein gefaktes Profil, mit Fotos von Model-Seiten oder wie jetzt verstärkt mit Fotos von Dir und mir. Danach suchen sie die Partnerseiten nach geeigneten Opfern ab. Die geeigneten Kandidaten sind meist über 35 (am besten 40 bis 70), denn diese Menschen haben den Statistiken zufolge ein höheres Einkommen. Ein anderer Grund, im Denken der Scammer mag sein, dass diese Altersgruppe nicht so viele Zuschriften bekomme, und daher eher bereit sei, sich in einen Menschen aus einem anderen Land oder der ihnen einfach die Aufmerksamkeit und „Liebe“ gibt, die sie nicht bekommen zu verlieben. Singles dieser Alterstruktur sind die möglichen Opfer. Dabei sind diese Menschen weniger auf ein Abenteuer aus – aber für die Scammer bist Du es – sobald Du auf einer Dating-Seite bist. Doch auch Karrierenetzwerke sind davon nicht ausgenommen. Später dazu mehr.
An diesem Wochenende macht der Scammer nichts anderes, als so viele mails wie möglich an die Opfer zu verschicken, alle mit seiner privaten mail Anschrift versehen. Es gibt Zahlen des FBI aus dem Jahr 2002, die besagen, dass ein Scammer im Schnitt an einem Tag 1200 mails verschickt. Wer glaubt, dass dieses mail vom eigentlichen Scammer, der später im Chat oder am Telefon auftritt, der irrt. Es ist der kleine Junge – so zwischen 15 und 25 Jahren, der diese mails verschickt. Er ist auf der ersten Stufe der Karriereleiter des Scammings und damit der organisierten Kriminalität. Er arbeitet meistens nur am Wochenende oder nachts, um mails der Scammer an die Opfer zu verschicken.
Romance Scam ist dort erfolgreicher, wo der normale 419-Fraud versagt. Denn beim Romance-Scam wird die logische Seite verlassen und nur die emotionale Seite des Opfers attackiert. Meist sind die Scammer jünger als die Opfer, weil sie glauben, dass jüngere Partner für die Opfer attraktiver sind. Meist geben sie sich auch als älter aus, als die veröffentlichten Fotos vermuten lassen. Sobald der Scammer sein Opfer für sich interessiert hat, benutzen sie Schmeicheleien und verführerische Worte und beginnen ein emotionales und romantisches Band zum Opfer herzustellen. Nachdem dieses emotionale Band hergestellt und ganz clever Vertrauen aufgebaut wurde, ist das Opfer normalerweise sehr leicht zu bewegen, Geld zu schicken oder sich in andere illegale Geschäfte verwickeln zu lassen – wie das Verschicken von gestohlenen Gütern, Geldwäsche und Bankbetrug.
Viele Scammer sagen, sie seien in USA oder UK wohnhaft, doch inzwischen sind alle Länder Europas betroffen. Ich hatte Scammer aus Belgien, aus Holland, aus Spanien, aus Italien und sogar aus Deutschland. Jedoch alle behaupteten von Geburt amerikanischer Staatsbürger zu sein und in diesem Zweitland aufgewachsen zu sein. Dies erklärt den meisten Opfern auch manchmal den Akzent, den die Scammer dann in Telefonhgesprächen aufweisen. Mein Scammer hatte einen einwandfreien britischen Akzent – und in keiner Weise afrikanisch angehaucht. Er muss wohl in England ausgebildet worden sein. Es war auch kein ungebildeter Mensch – im Gegenteil. Mit ihm konnte man sich über sehr, sehr viele Themen bis in die Medizin und Psychologie, die Theologie unterhalten, Wirtschafthemen anschneiden.
Unabhängig, welches Land sie angeben. Untrüglich kommt irgendwann ein Aufenthalt in einem westafrikanischen Land – geschäftlich oder privat. Privat, weil Angehörige von ihnen dort leben. Sobald sie das Opfer am Haken haben, beginnt der Scam. Meistens in dem Augenblick, wo dem Opfer ein Besuch des Scammers avisiert wurde – komplett mit Buchungsbestätigung der Airline – keine Fake-Seite!!! – sondern real die Buchungsseite einer Airline. Dazu als Hintergrundinformation: Der Flug wird gebucht und so lange aufrecht erhalten, bis die Zahlung per Kreditkarte erfolgt. Ist die Kreditkartenzahlung ein Fake –wird die Buchung einfach von der Fluggesellschaft storniert. Das Opfer denkt aber, dass die große Liebe an dem Tag komme.
Jetzt können verschiedene Dinge passieren: Unfall, Pass gestohlen, der Auftraggeber hat sie mit einem Scheck bezahlt, der in Nigeria nicht eingereicht werden könne. Gründe gibt es viele, warum er gerade nicht flüssig sei. Damit er das Opfer besuchen kann, braucht er Bargeld. Überweisung per Western Union oder MoneyGram. Beide Organisationen arbeiten in Deutschland über die Postbank! Man muss beachten: Sie fragen nie nach Geld, sondern um Hilfe! Man darf nicht außer acht lassen, die Opfer denken, sie haben die Liebe ihres Lebens getroffen – eine Person, mit der sie die Zukunft gemeinsam gestalten wollen. Und: solange entweder der Scheck nicht eingereicht oder eine Zahlung per WU gelaufen ist, können sie mit dieser Liebe ihres Lebens nicht zusammen sein. Deshalb wollen die meisten Opfer dem Scammer helfen.
Nochmals: die Opfer eine Love-Scams entwickeln sehr, sehr starke emotionale Verbindungen zu ihrem Scammer. In vielen Fällen wird sogar die Heirat versprochen. Durch das Vermitteln des Gefühls „verlobt „ zu sein, hat es der Scammer viel leichter, sein Opfer um Geld zu erleichtern. Welcher Mensch würde einem geliebten Menschen nicht helfen, Schwierigkeiten zu überwinden, die diesen Menschen in einem fremden Land festhalten? Scammer zählen auf diesen normalen Aspekt menschlicher Beziehungen und weben ein sehr enges Netz aus Entschuldigungen und Lügen. Wenn diese Lügen auffliegen und die letztendlich die Wahrheit bekannt ist, folgt das unweigerliche Erwachen. Manchmal kommt dieses Erwachen erst, wenn das Opfer alles, wirklich alles verloren hat oder im Gefängnis ist, weil es in betrügerische Machenschaft verwickelt wurde – wie dem Einreichen ungedeckter oder gefälschter Schecks mit hohen Summen oder dem Versand von gestohlenen Waren oder weil das Opfer Geschenke erhalten hat, die mit gestohlenen Kreditkarten bezahlt wurden.
Wenn das Opfer dann endlich realisiert, dass es gescammt wurde, steht es in Deutschland sehr hilflos da. Es gibt keine Seite, die explizit dieses Thema behandelt. Es gibt nur die amerikanischen Seiten. Und als erstes fällt einem Ausländer dort auf, wenn es darum geht, woran man einen Scammer erkennt:
His spelling is not correct!
Wir alle hier sind keine Muttersprachler für englisch – doch allein schon die Tatsache, dass wir hier das Wort colour mit ou schreiben (wie in England) und in USA mit o – lässt dort alle Flaggen auf rot stehen. Nur sehr wenige Opfer haben den Mut, aus diesem Grund sich in USA zu outen. Viele Seiten bemühen sich, für deutsche Opfer eine Person abzustellen, die deutsch spricht. Es handelt sich jedoch meist um Menschen, die vor 20 oder 30 Jahren ausgewandert sind und seither nicht mehr in Deutschland waren und die heutige Situation hier im Land nicht nachvollziehen können.
Damit der Bericht nicht zu lang wird – man könnte über die Zusammenhänge ein ganzes Buch schreiben, der Hinweis auf die seit 13.5.2008 bestehenden Seite in Deutschland zu diesem Thema.
Ein Wort in eigener Sache dazu: Auf dieser Seite treffen sich Opfer – das heißt in der Regel schwer traumatisierte Menschen, die langsam, sehr langsam versuchen, wieder Fuß zu fassen, nach dem so harschen Fall zurück in die Realität. Es sind Menschen, die zum Teil einen Selbstmordversuch hinter sich haben oder sich in der Überlegung finden, aus dem Leben zu scheiden. Ich habe gerade einen solchen Fall im Hintergrund – und arbeite Tag und Nacht daran, das Schlimmste zu verhindern. Es ist kein Spielplatz, um zu baiten. Ich sage es bewusst, weil es einen Versuch in diese Richtung aus der Ecke scambaiting gab.
Ich selbst baite nicht aktiv. Doch – wann immer es meine Zeit erlaubt durch die Gruppenarbeit – gehe ich die bestimmten Börsen durch, schaue nach bekannten Gesichtern und wenn ich ein Scammerfoto erkenne – warne ich die entsprechenden Personen aus seinem Freundeskreis – weltweit. Es ist zurzeit das einzige, dieses Geschäft zu stören und die Erträge nicht so lukrativ zu machen. Ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch wir stehen hier in Deutschland noch ganz, ganz am Anfang.
Wir veröffentlichen die Scammerfotos auch nur an die aktiven Mitglieder. Die Gründe: einmal das sehr strenge Urheberrecht in Deutschland und zum anderen: selbst wenn sich einer der Scammer mal auf die Seite verirren sollte – und sich umsieht – er wird nie die Fotos sehen, die hier in Deutschland bekannt sind. Aus den Fotodateien in USA haben die Scammer gelernt und sind von Model-Fotos auf Fotos von Dir und mir umgestiegen. Sie wurden indirekt durch diese Dateien geschult. Das wollen wir hier verhindern.
Bei den gescammten Opfern handelt es sich meistens um gebildete Menschen. Selbst ein Diplomat wurde nicht verschont. Das dazu .
Eine Zahl aus Deutschland:
Seit 13.5.2008 bis heute 5.6.2008 ist mir ein Schaden in Höhe von
276.600,-- Euro
gemeldet worden – noch nicht mal die Spitze des Eisbergs, nur ein klitzekleiner Anfang. Ich denke, wenn die Seite bekannter wird – und da sind wir dran – dass auch in Deutschland die Schadensumme in den 7 oder 8 stelligen Millionen-Bereich kommen wird.
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